In der Coronavirus-Krise spannen die reformierten Kirchen Schlieren, Dietikon und Weiningen zusammen: Die Sonntagsgottesdienste wie auch andere Formate werden noch bis zum 28. Mai 2020 ohne Publikum aufgezeichnet und im Internet bereitgestellt.
Das Coronavirus macht auch vor der Kirche nicht Halt. Die sonst üblichen Sonntagsgottesdienste können derzeit nicht stattfinden. Die reformierten Kirchen Schlieren, Dietikon und Weiningen haben sich zusammengetan und fast gleichzeitig mit dem Start des Lockdowns Carillon-TV aufgeschaltet. Die Sonntagsgottesdienste werden jeweils am Donnerstag vorher aufgezeichnet und am Sonntagmorgen pünktlich um 10 Uhr auf der Webseite publiziert. Da es sich bei Carillon-TV um ein gemeindeübergreifendes Projekt handelt, wechseln sich die Pfarrpersonen bei den Gottesdiensten ab. Für die Pfarrer bedeutet das weniger Arbeit. Reguläre Kurzarbeit haben die Kirchen aber dennoch nicht eingeführt.
Der letzte normale Gottesdienst in Schlieren fand am 15. März statt. Der erste Online-Gottesdienst wurde am 22. März auf Carillon-TV veröffentlicht. «Unsere Kommunikationsgruppe, die wir ebenfalls gemeindeübergreifend führen, gibt den «Carillon» schon länger als Zeitschrift heraus. Die Idee solcher Video-Gottesdienste war schon vor der Coronavirus-Krise ein Thema», weiss Christian Morf, Pfarrer der reformierten Kirche Schlieren. Es war dann aber der Krisenstab der reformierten Kirchen Schlieren, Dietikon und Weiningen, der diese Idee in die Tat umsetzte. Der Krisenstab besteht aus den Kirchenpflegepräsidenten, dem gemeinsamen Kirchgemeindeschreiber sowie einem Vertreter der Pfarrpersonen.
Die Webseite Carillon.TV wurde innert kürzester Zeit erstellt und aufgeschaltet. Neben den Online-Gottesdiensten gibt es verschiedene weitere Formate. Darunter das «Wort zum Tag», welches von den Pfarrern Bernhard Botschen aus Geroldswil und Jürg Steiner aus betreut wird. «Täglich gibt es hier online eine Überlegung zu einem Bibeltext», erklärt Morf. Weitere Inhalte werden von SozialdiakonInnen, JugendarbeiterInnen, Personen aus dem Kirchenmusikteam, Ehrenamtlichen oder auch Gemeindemitgliedern produziert. Beim Format «Kenne deine Bibel» wird hingegen auf eine Ressource zurückgegriffen, die schon besteht: «Hier machen wir auf das Bibel Project aufmerksam. Dabei wird versucht, die Menschen per Video über die Bibel zu informieren», sagt Morf.
Professionelle Aufzeichnungen
Die Sonntagsgottesdienste werden jeweils in der Kirche aufgenommen, in welcher der zuständige Pfarrer tätig ist. In Schlieren gibt es zwei reformierte Kirchen. Aufgezeichnet wird hier aber immer in der grossen Kirche, da hier auch die Orgel vorne steht. «Die Pfarrperson wird jeweils von einer Organistin unterstützt – der, der gerade am Zug ist, erscheint in Grossaufnahme auf dem Bildschirm», verrät Morf. Die Aufnahme wird jeweils von zwei Kameras und einem Mikrofon im Mittelgang aufgezeichnet. «Zusätzlich habe ich noch ein Mikrofon bei mir», sagt Morf. Für die Aufnahme ist ein professioneller Kameramann zuständig.
Für den Pfarrer ändert sich beim Halten des Gottesdienstes im Prinzip nichts – ausser, dass er vor einer leeren Kirche predigt. «Normalerweise halte ich mit der Gemeinde Blickkontakt. Ich muss mich jeweils sehr konzentrieren, damit ich während des Online-Gottesdienstes nicht mit dem Blick in der leeren Kirche umherschweife», sagt Morf, der seit August 2019 in der reformierten Kirche Schlieren tätig ist.
Ein weiterer Unterschied besteht auch im Feedback der Zuhörer: «Am Ende eines regulären Gottesdienstes erhalte ich spätestens am Ausgang der Kirche eine Rückmeldung. Beim Online-Format sind die Reaktionen weniger zugänglich und natürlich verzögert, da der Gottesdienst ja immer schon am Donnerstag vorher aufgezeichnet wird», sagt Morf. Grundsätzlich seien die Reaktionen aber positiv. Feedback erhält der Pfarrer vor allem via E-Mail und vereinzelt auch über WhatsApp. Für Menschen ohne Internet wird die Predigt die Woche darauf in Papierform versandt.
Bis zu 120 Zuschauer und Nutzer
Rund 90 Personen verfolgen jeweils die Gottesdienste am Sonntag online. In den darauffolgenden Tagen kommen in der Regel bis zu 300 weitere Interessierte hinzu. «Die Zuschauer kommen natürlich aus drei Gemeinden. Insgesamt haben wir – den Versand eingerechnet – in der Region Limmattal weit über 400 Personen, die eine Predigt auf diesem Weg verfolgen», sagt Morf. Üblicherweise begrüsst der Pfarrer im Durchschnitt über das Jahr gerechnet 40 bis 50 Personen pro Gottesdienst in seiner Kirche.
Ob der Online-Gottesdienst mit der Wiederaufnahme des normalen Lebens beibehalten werden soll, wird zurzeit diskutiert. «Grundsätzlich spüren wir, dass es nicht schlecht ist, im Internet präsent zu sein. Ob das über den Gottesdienst passieren soll, wo Gemeinschaft eigentlich eine wichtige Rolle spielt, steht jetzt noch nicht fest», sagt Morf. Klar ist: Ab 28. Mai 2020 dürfen in den Kirchen wieder Gottesdienste stattfinden.
www.carillon.tv
Katholische Kirche nur mit Livestream
In diesen Tagen werden die Gottesdienste der katholischen Kirche Schlieren von Dienstag, Mittwoch und Sonntag gemäss Gottesdienstplan online übertragen. Die Gottesdienste werden einfach gestaltet. Sie werden nicht aufgezeichnet und sind später auch nicht im Internet abrufbar. Interessierte können die Gottesdienste nur ich Echtzeit mitverfolgen. Das Streaming beginnt ungefähr 15 Minuten vor Beginn. Auch nach der Wiederaufnahme der regulären Gottesdienste wird dieses Angebot weitergeführt. Auf Anfrage des «Schlieremer» sagt Pfarrer Kurt Vogt: «Ab dem 28. Mai 2020 ist die Öffnung nur mit dem Schutzkonzept der Schweizer Bischöfe umsetzbar. Für unsere Kirche bedeutet das dann: Statt maximal 450 Personen dürfen wir nur höchstens 70 Personen in der Kirche begrüssen.»
Der Livestream ist jeweils auf www.pfarrei-schlieren.ch/gottesdienstuebertragung abrufbar.