Donnerstag, Dezember 12, 2024
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«Das Gute liegt so nah»

Die Schlieremer Detaillisten schlagen sich drei Monate nach dem Ende des Lockdown wacker. Doch Nachwirkungen sind gemäss Philipp Locher, Präsident der Detaillistenvereinigung Pro Schlieren, immer noch zu spüren. Die am 27. August im Kanton Zürich eingeführte Maskenpflicht für Läden findet er unglücklich.

Schlieremer: Herr Locher, wie geht es den Schlieremer Detaillisten drei Monate nach dem Ende des Coronavirus-bedingten Lockdown?
Philipp Locher: Der Zustand gleicht demjenigen von Speck – er ist durchzogen. Es gibt Hochs und Tiefs. Ein paar Unternehmen haben vom Lockdown profitiert, ein paar haben darunter gelitten. Im Gesamten stelle ich aber eine eher positive Situation fest.

Wer hat gelitten?
Gelitten haben sicher die Restaurants und andere Unternehmen, die während des Lockdown nicht offen halten durften. Leiden musste beispielsweise aber auch der Ohrladen in Schlieren. Er durfte zwar als Sanitätsgeschäft offen halten. Zu seinen Kunden zählen aber vor allem Risikopatienten, von denen nur wenige in den Laden kamen. Auch die Kleidergeschäfte haben gelitten, welche wegen des Lockdown die Frühlingskollektion nicht verkaufen konnten, und viele weitere kleinere Detailfachgeschäfte.

Wer hat profitiert?
Die Apotheken und Drogerien, die ebenso offen halten durften wie die Lebensmittelgeschäfte. Auch die Hofläden erfreuten sich eines regen Zuspruchs während des Lockdown. Profitiert hat auch der Onlinehandel, was uns Detaillisten aber nicht so Freude bereitet.

Welches waren die grössten Probleme, welche die Detaillisten während des Lockdown hatten?
Für viele waren es die hohen Fixkosten wie etwa die Miete. Bei der Arbeit ist den Unternehmen dagegen schnell der Bundesrat entgegengekommen mit der Einführung der Kurzarbeit. Der Lockdown hat aber auch vielen Detaillisten auf die Moral gedrückt: Man möchte arbeiten, den Kunden etwas anbieten, aber man darf nicht. Als Detaillist muss man in einer solchen Situation gut rechnen können. Aber mich beschlich während des Lockdown das Gefühl, dass dies manche nicht so gut können. Das hat auch dazu beigetragen, dass es Härtefälle gab. Ein Detaillist muss nicht nur ein ausgezeichneter Fachmann sein, sondern auch ein guter Kaufmann.

Welche Probleme bestehen jetzt noch, drei Monate nach dem Ende des Lockdown?
Die Leute haben immer noch nicht genug Vertrauen, um wieder in die Läden zu kommen – vor allem die Risikopatienten. Unklar ist für viele Detaillisten zudem, ob es doch noch zu einem teilweisen Mietzinserlass kommt. Für manche Gewerbler ist deshalb die finanzielle Zukunft weiterhin unsicher.

Seit dem 27. August gilt im Kanton Zürich in allen Läden eine Maskenpflicht. Was sagen Sie dazu?
Ich finde die im Kanton Zürich befohlene Maskenpflicht für Läden zur Zeit sehr unglücklich, weil im benachbarten Kanton Aargau mit dem Shopping Center im nahen Spreitenbach keine solche Pflicht gilt. Ich denke jedoch, dass es sinnvoll wäre, in der Schweiz eine flächendeckende Maskenpflicht einzuführen, damit der Kunde jederzeit klar weiss: Maske auf oder eben nicht.

In der «Limmattaler Zeitung» konnte man lesen, dass viele Detaillisten in Schlieren vergeblich auf eine Mietzinsreduktion – vor allem von Seiten der Stadt – gewartet haben. Stimmt das?
Das stimmt. Die Stadt hat zwar viel Positives unternommen für den Detailhandel und das Gewerbe. Aber gerade beim Punkt der Mieten blieb die Stadt hart. Ich habe deswegen eine Eingabe an den Stadtrat gemacht. Die Stadt ist uns jedoch nicht entgegengekommen. Deshalb hoffe ich, dass der Bundesrat und das Parlament Ernst machen mit ihrem Projekt einer Mietzinsreduktion für Detaillisten und Gewerbler, auch wenn das ein Eingriff in das Eigentum der Vermieter darstellt.

Wie hilft die Detaillistenvereinigung Pro Schlieren, deren Präsident Sie sind, ihren Mitgliedern?
Wir haben etwa während der Coronoavirus-Pandemie dafür geschaut, dass die Detaillisten günstig zu Schutzgegenständen wie Desinfektionsmitteln und Masken kamen. Hier konnten wir sehr schnell und gut helfen. Und wir haben – wie gerade gesagt – bei der Stadt, aber auch bei privaten Vermietern für eine Mietzinssenkung lobbyiert. Bei den Privaten hatten wir dabei einen guten Erfolg. Wir verstehen uns als Türöffner und Vermittler für die Detaillisten.

Der Detailhandel hatte nicht nur wegen des Lockdown zu kämpfen. Er leidet auch unter dem ungestümen Wachstum des Onlinehandels. Ist das auch in Schlieren so?
Ja, das trifft auch auf Schlieren zu. Aber ich als Drogist glaube nach wie vor an das Offline-Einkaufen im Laden. Es ist einfach das schönere Einkaufserlebnis. Der Kunde kann die Ware sehen, er kann sie berühren, er kann sie riechen und eventuell sogar ausprobieren. Dazu erhält er meistens noch eine Fachberatung. Zudem ist das Zwischenmenschliche ganz wichtig beim Offline-Einkaufen. Aus all diesen Gründen hat Offline-Einkaufen weiterhin eine gute Zukunft.

Ich nehme an, die Schlieremer Detaillisten spüren auch die Konkurrenz durch die beiden Einkaufspole Zürich und Spreitenbach.
Das ist so. Früher pflegte ich zu sagen: Wir befinden uns im Sandwich zwischen Zürich und Spreitenbach. Aber in der Mitte des Sandwich ist immer noch das, was zählt – das Fleisch. Aber Spass beiseite: Es ist für hiesige Detaillisten schon schwierig, wenn man mit dem öffentlichen Verkehr – dem Bus und bald auch der Limmattalbahn – direkt ins Shoppi Tivoli mit seinem breiten Angebot fahren kann. Aber wir müssen mit dieser Situation leben, versuchen uns abzuheben und erfolgreich Nischen zu bearbeiten, die in Zürich und Spreitenbach nicht abgedeckt werden.

Was bräuchte Schlieren noch, damit das lokale Einkaufen attraktiver wird?
Mein grösster Wunsch ist, dass der Branchenmix noch besser und grösser wird. Und ich hätte gerne eine bessere Koordination zwischen öffentlichem Verkehr, Individualverkehr und Langsamverkehr.

Warum sollen die Schlieremer in Schlieren einkaufen?
Gegenfrage: warum soll er ausserhalb Schlierens einkaufen? Der Schlieremer bekommt ja für den täglichen Bedarf das meiste, was er will und braucht, in der Stadt. Das Gute liegt so nah. Ich sehe keinen Grund, zum Einkaufen wegzugehen.

 

Interview: Martin Gollmer; Fotos: zVg

 

 

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