«Tal der Religionen» nennt Imam Semir Omercic den Platz an der Grabenstrasse, welcher von mehreren Moscheen und christlichen Vereinigungen umrahmt wird. Die Hausnummer 7 führt zu seiner Moschee, einer der schönsten und modernsten in der Schweiz, wie Omercic betont, zum islamisch-bosnischen Zentrum.
Nicht immer war die Moschee hier. Ein erster Vorstand wurde 1991 gegründet. Dieser eröffnete 1992 die bosnische Moschee zunächst an der Kohlerstrasse. Erst 1998 konnten die Räumlichkeiten an der Grabenstrasse 7 gekauft werden. 2012 wurde die Moschee renoviert und modernisiert. Heute gehören ihr über 800 Mitglieder an, von denen viele aktiv am Gemeindeleben teilnehmen.
Der Gebetsraum
Beim schlicht gehaltenen Gebetsraum werden die Schuhe ausgezogen, bevor man ihn betritt. Frauen und Männer beten im selben Raum, zuerst leise für sich. Dabei gehe es darum, sich selber zu hinterfragen: «Was habe ich in der letzten Woche gut gemacht? Wo muss ich mich verbessern?» Danach stellen sich alle in eine Reihe und beten gemeinsam. Die Predigt wird auch auf Deutsch gehalten. «Das ist wichtig für alle, die nur deutsch sprechen», erklärt Omercic.
Die Moschee wird rege auch von Studenten, Mittelschülern und Lernenden aus pädagogischen Hochschulen besucht. Auf diesem Weg würden ihnen oft wichtige Fragen gestellt, über die sie dann nachdenken und auf die sie Antworten suchen würden. Kürzlich habe eine Gruppe sogar am Freitagsgebet teilgenommen.
Das Zentrum – Treffpunkt für alle
Die Räumlichkeiten bieten viele Möglichkeiten, den Bedürfnissen der Besucherinnen und Besucher gerecht zu werden. Vier Klassenzimmer dienen dem Zusammentreffen von Kindern unterschiedlichen Alters. Jugendliche bereiten sich auf das Jugend-Camp vor. Oder sie planen das Fastenbrechen nach dem Fasten im Ramadan.
Das Herz des Treffpunkts ist das Restaurant. Hier tauscht man sich aus, spielt Schach, Kinder kommen hierher zum Essen, manchmal schaut sich der Imam mit den Jugendlichen zusammen ein Fussballspiel an. «Es geht ums Zusammensein», so Omercic.
Spezielle Rituale kennt die Gemeinschaft nicht. Jedoch wird bei der Geburt eines Kindes von den Eltern eine Feier organisiert, wo Bittgebete gesprochen werden. Ein Ritual gibt es nur bei der Eheschliessung. Sobald ein Paar die standesamtliche Heirat hinter sich hat, holt es sich beim Imam in einer kurzen Zeremonie vor Zeugen und Verwandten den Segen für die Ehe. Das ist unabdingbar, und erst darauf folgt das grosse Fest.
Die Kinder – unsere Zukunft
Die Jugendarbeit liegt den beiden Imamen und den zwei Relgionspädagoginnen besonders am Herzen. «Die Kinder sind unsere Zukunft, nicht nur hier, sondern in allen Religionen», meint der 1987 geborene Omercic, der hervorragend deutsch spricht. Während des Bosnienkrieges mit den Eltern und dem jüngeren Bruder nach Deutschland geflüchtet, wo er einen evangelischen Kindergarten und ein paar Jahre Primarschule besuchte, musste er nach dem Krieg mit der Familie zurück nach Bosnien. Genau diese Sozialisation ist heute ein grosser Gewinn für die Jungen. Im angrenzenden kleineren Saal sitzen zwei Buben an einem Tisch und tippen auf ihren Handys herum. Sie haben freiwillig während den Ferien den Religionsunterricht besucht und werden dafür mit Extrapunkten belohnt. «Acht Punkte mehr», schmunzeln sie, wissend, dass diese Ende Jahr in Gutscheine umgewandelt werden, womit sie sich dann in der Moschee etwas kaufen können.
Die Philosophie
«Du bist ein Meisterstück, da du das Werk des Meisters bist», erwähnt der Imam ein Zitat und ergänzt lachend: «Das gilt für alle Religionen.» Sein Glaube umfasst alle als einem Schöpfer zugehörig. So sucht das Team der Moschee auch den Dialog, nicht nur mit den andern Moscheen, sondern auch mit den christlichen Kirchen und weiteren Religionen von Schlieren. «Wir wollen das multikulturelle Schlieren zum Klingen bringen.» So werde man am Schlierefäscht auch gemeinsam auftreten. Der Sektor «Interreligiöser Dialog» befinde sich aber noch in einer Aufbauphase, wobei diesbezüglich die beiden vorgängigen Imame bereits Grosses geleistet hätten. Auf die Frage, welche Botschaft für ihn, den jungen und engagierten Imam, wichtig sei, meint er, sie seien an erster Stelle eine Moschee, aber auch ein Zentrum, das offen sei. «Der Stress des Lebens drängt oft das Wesentliche weg. Und das Wesentliche ist das eigene Wesen. Wenn man den Kontakt zu sich selber verliert, dann vergisst man auch den Weg zur Moschee.» Es gehe um ein inneres Wachstum, wozu Ramadan ganz wichtig sei. «Man fastet, um Bewusstheit und Mitgefühl zu fördern. Aber auch Bescheidenheit und Selbstdisziplin.» Kein Zweifel, Imam Omercic lebt das, woran er glaubt, vor.
Das Zimmer für die Frauen.
Text und Fotos: Erica Brühlmann-Jecklin