Freitag, April 26, 2024
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Die junge katholische Pfarrei in Schlieren

Mehr als die Hälfte der in Schlieren lebenden Katholiken sind unter vierzig Jahre alt. Dank den vielen Zuzügern hat die Stadt eine sehr aktive katholische Gemeinschaft, die durch das neue Pfarreizentrum noch mehr Begegnungsmöglichkeiten erhält.

 

Die Schlieremer sind überwiegend katholisch: Laut der jüngsten Statistik des Einwohneramts der Stadt betrug die Zahl der Katholiken im September dieses Jahres 6385, diejenige der Reformierten 2419 und damit fast zwei Drittel weniger. Dem war aber nicht immer so: «Früher war Schlieren reformiert. Erst in den letzten Jahren hat sich das Bild gewandelt», weiss der für die St. Josef Kirche zuständige Pfarrer Kurt Vogt und erklärt: «Die Zunahme der katholischen Gemeinde ist vor allem den Zuzügern zu verdanken.» Im Sommer 2019 lebten 68 Nationalitäten in Schlieren mit mindestens einer Person, die dem katholischen Glauben angehört. In der St. Josef Kirche sind zwar nach wie vor die Schweizer mit 2931 Katholiken am stärksten vertreten, darauf folgen aber mit 1398 die Portugiesen und mit 1341 die Italiener.

 

Während laut der letzten schweizweiten Erhebung von Ende 2017 die 18- bis 34-Jährigen am wenigsten die Kirche besuchten, sieht das in Schlieren anders aus: «Wir sind eine junge Pfarrei. Über fünfzig Prozent der katholischen Bevölkerung in Schlieren ist unter vierzig Jahre alt», sagt Vogt. Denn Schlieren sei stark am Wachsen und vor allem bei jungen Familien beliebt. Überhaupt seien die Bewohner in Schlieren «sehr fruchtbar», wie der Pfarrer mit einem Schmunzeln erklärt. Der einmal im Monat stattfindende Familiengottesdienst sei stets gut besucht: «Ich darf dort jeweils bis zu 200 Personen begrüssen», sagt Vogt. Der grossen Anzahl Portugiesen und Italiener in der Pfarrei wird ebenfalls Rechnung getragen: «Wir veranstalten regelmässig Gottesdienste auf Italienisch und zweisprachig Deutsch-Portugiesisch, nebst dem monatlichen mehrsprachigen Gottesdienst.»

 

Die Gemeinschaft ist der St. Josef Pfarrei wichtig. Für sie wurde im Mai 2019 das neue Pfarreizentrum eröffnet, das komplett rollstuhlgängig ist. «Damit ermöglichen wir den Menschen mehr Begegnungen, und wir können unser Angebot weiter ausbauen», sagt Vogt. So gibt es zum Beispiel neu immer am Dienstag einen Mittagstisch. Dieser steht allen Kindern und Erwachsenen offen. «Aktuell haben wir acht Kinder, die während des gesamten Schulsemesters kommen. Erwachsene können sich jeweils bis einen Tag vorher anmelden», erklärt der Pfarrer das Konzept. Ursprünglich war der Mittagstisch vor allem für einen Teil der rund 200 Kinder, die hier den Religionsunterricht besuchen, gedacht. Wird das Angebot gut angenommen, könne man dieses erweitern.

 

Förderung der Erwachsenenbildung

Die Kirche legt ausserdem Wert auf die Erwachsenenbildung: So werden beispielsweise regelmässig Vorträge und Gespräche über die Bibel, Gott und die Welt organisiert. Am Freitagmorgen findet das «Frauen-Deutsch-Kaffee» statt: Hier soll den aus dem Ausland zugezogenen Frauen die Angst vor dem Deutschsprechen genommen werden. «Es ist kein Sprachkurs, sondern einfach ein miteinander Reden. Die Frauen haben die unterschiedlichsten Muttersprachen – die deutsche Sprache ist das, was sie hier verbindet.» Allgemein sei das Miteinander der verschiedenen Nationen eine Bereicherung für die Pfarrei: «Wir Seelsorger pflegen zu sagen: Gott hat den Menschen erschaffen, nicht den Pass.»

 

Die Kirche bietet allen Schlieremern ihre sozialen Dienste an: «Diese ergänzen diejenigen des Sozialamtes – wir stehen also nicht in Konkurrenz», betont der Pfarrer. Gerade zum Beispiel für einen Schlieremer Bürger in finanziellen Schwierigkeiten übernehme die Kirche ohne grossen bürokratischen Aufwand auch einmal eine kleinere Rechnung. Ein besonderes Augenmerk gilt der Jugendarbeit: «Neu haben wir einen Jugendraum. Dieser steht allen jungen Leuten offen. «Teilweise finden auch organisierte Anlässe für die Jugendlichen statt», sagt Vogt. Die Räumlichkeiten des neuen Pfarreizentrums sollen grundsätzlich der gesamten Stadt dienen: «In Schlieren gibt es nicht besonders viele grosse Räume. Unsere Räumlichkeiten sind für alle mietbar», erklärt der Pfarrer.

 

Die Kirche braucht mutige Menschen

Im Jahr 2017 gaben laut der jüngsten Statistik 31,5 Prozent aller in der Schweiz lebenden Menschen an, keiner Konfession anzugehören. Auch in Schlieren treten mehr Menschen aus der Kirche aus als in sie ein: Die St. Josef Kirche verzeichnete im vergangenen Jahr vier Eintritte, 19 Taufen und 84 Austritte. Die meisten würden als Austrittsgrund finanzielle Probleme angeben. «Oft rät auch der Steuerberater zum Austritt», weiss Vogt. «Aber nur weil jemand aus der Kirche austritt, heisst das nicht, dass er die Religion aufgibt. Viele, die später wieder eintreten, beteuern, dass sie den Glauben nie verloren hätten.» Der Pfarrer ist überzeugt: «Die Kirche könnte wieder ein Leuchtturm werden. Wir brauchen aber Leute, die den Mut haben, hinzustehen und Dinge zu verändern.»

 

Die Kirche hat einen Reformstau

Und zu verändern gäbe es doch einiges: «Die Kirche hat einen Reformstau. Da hat sich viel angesammelt in den vergangenen vierzig Jahren», sagt Vogt. Veränderungen benötigten Zeit – in der Kirche erst recht. Trotzdem spüre man Fortschritte: «Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit der reformierten Kirche wie auch mit der Freikirche in Schlieren», sagt Vogt. Auch sei der Pfarrer heute nicht mehr allmächtig: «Jeder hat eine Ausbildung. Als Pfarrer kann ich nicht mehr einfach irgendetwas erzählen und alle glauben es. Das muss schon Hand und Fuss haben.»

 

Die Kirche müsse sich aber auf jeden Fall anpassen, damit der Glaube den Stellenwert zurückerhalte, den er sich eigentlich verdient hätte. Das beginne schon bei den Kommunikationsmitteln: «Die Leute haben wenig Zeit, um zu lesen. Die Informationen müssen deshalb kurz und prägnant sein und die Informationskanäle zeitgemäss», findet Vogt. Aber dass die Kirche weiterbestehen wird, daran hat er keinen Zweifel: «Die Kirche ist ein Hilfsmittel, damit der Glauben gelebt werden kann. Ich stelle immer wieder fest, dass viel mehr Menschen religiös sind als man denkt.»

 

Alle Veranstaltungen und Informationen finden Interessierte immer aktuell unter www.pfarrei-schlieren.ch

 

Text: Linda von Euw, Fotos: Martin Gollmer / St. Josef Kirche Schlieren

 

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