Donnerstag, Dezember 12, 2024
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Ein schwebender Schutzschirm für ein Industriedenkmal

Der Gasometer in Schlieren wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Gasspeicher erstellt. Er ist ein bedeutender Zeuge des Industriezeitalters und der einzige erhaltene Teleskop-Gasbehälter in der Schweiz. Jetzt wurde er mit einem innovativen, schwebenden Schirm ausgestattet, der ihn gegen Regen und Schnee schützt. Am ersten Oktober-Wochenende steht er der breiten Öffentlichkeit zur Besichtigung offen.

Der imposante Stahlbehälter erinnert uns daran, wie die werdende Grossstadt Zürich vom Ende des 19. Jahrhunderts an mit Energie versorgt wurde. Besonders eindrücklich ist, dass sich der Gasometer mit einem ausgeklügelten «Teleskop-Mechanismus» dynamisch dem Gasvolumen anpassen konnte. Nachdem in den 1970er-Jahren die Gasherstellung vom Erdgas abgelöst wurde, blieben die Gasometer in Schlieren noch viele Jahre stehen. Die damalige Eigentümerin, die Erdgas Zürich AG, sah aber kurz vor der Jahrtausendwende keine Verwendung mehr und verkaufte im Jahr 1999 das Grundstück samt Gasometer dem Kanton Zürich, der seinerseits Grundstück und Gasometer der Stiftung Pro Zürcher Haus für 25 Jahre übertrug.
Nach abgeschlossener Erstsanierung verursachte ein Leck im acht Meter tiefen Wasserbecken sehr hohe Betriebskosten. Zudem gefährdete der mangelhafte Korrosionsschutz die dünne Blechhaut. Unter der Leitung der damaligen Präsidentin der Stadtzürcher Sektion des Heimatschutzes, Barbara Truog, suchte nun der Stiftungsrat nach nachhaltigen Lösungen.
Das beigezogene Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG, Chur, erfand zusammen mit Architekt Herbert Bruhin und Ingenieur Alfred Rein eine Holzkonstruktion in der Form eines Schirms, bezogen mit einer wasserdichten, lichtdurchlässigen Membran. Das neue Konzept eines schwebenden Schirms, mit welchem der Gasometer vor Regen und Schnee geschützt und somit das Korrosionsproblem gelöst würde, überzeugten den Stiftungsrat und die kantonale Denkmalpflege.
Während diesen intensiven Arbeiten verstarb überraschend die Stiftungsratspräsidentin Barbara Truog. Die NZZ lobte sie in einem Nachruf als zugleich kämpferisch wie auch lösungsorientiert. Tatsächlich hatte sie auch im Stiftungsrat die erneute Sanierung massgeblich angetrieben, war auf die verschiedenen Beteiligten zugegangen, erfragte und hinterfragte angebotene Lösungen und hielt dazu an, eine langfristig tragfähige Lösung zu finden, bevor der Gasometer irreparablen Schaden nahm. Das Projekt war beim Tod von Barbara Truog derart weit fortgeschritten, dass die weiteren Stiftungsratsmitglieder die Sanierungsarbeit in ihrem Sinne und Geist fortführen konnten.
Einen grossen Meilenstein erreichte der Stiftungsrat damit, dass der Regierungsrat im Dezember 2020 die beantragten Mittel aus dem Natur- und Heimatschutzfonds gutsprach. Der Stiftungsrat konnte dabei auf die wertvolle Unterstützung der kantonalen Denkmalpflege zählen.
Im Zuge der Pandemie gerieten aber bekanntlich die Lieferketten und die Preise auf den Baumärkten aus dem Lot. Vor allem die Lieferschwierigkeiten für Holz verursachten Verzögerungen und Preissteigerungen. Das gut organisierte Projektteam sorgte aber dafür, dass das komplexe Projekt stets auf Kurs blieb und nun im Frühherbst 2022 eingeweiht werden kann. Barbara Truog hätte bestimmt grosse Freude an der Realisierung des schwebenden Schutzschirms und der langfristigen Rettung des Gasometers gehabt.

Erste Skizze des Schutzschirms (gelb markiert), März 2018.

Nach zwei intensiven Jahren der Sanierung wird am Wochenende vom 1. und 2. Oktober 2022 der «neue» Gasometer in Schlieren der breiten Öffentlichkeit im Rahmen von Open House Zürich 2022 vorgestellt. Interessierte können sich dann die innovative Konstruktion bei geführten Rundgängen durch den Gasometer näher erklären lassen (Anmeldungen möglich auf: www.openhouse-zuerich.org). Herzlich willkommen!

Text und Illustration: zVG, Foto: Jürg Conzett

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