Alexandre Porchet, seit langem in der Stadt wohnhaft und Geschäftsführer der Schlieremer Bau- und Immobilienfirma J.F. Jost, wollte die grosse Buche retten, die den Stadtplatz prägt. Doch er scheiterte mit seinem Vorhaben. Der Baum muss demnächst dem neuen Stadtplatz mit Haltestelle der Limmattalbahn weichen.
Schlieremer: Herr Porchet, Sie wollten die grosse Buche auf dem Stadtplatz retten. Leider wird das nicht klappen. Warum nicht?
A. Porchet: Ich bin nicht alleine gewesen mit dieser Idee. Meine Schwägerin und Gesellschafterin in der J.F. Jost, Lilian Hagen, hat das Ganze angerissen. Und meine Frau Susanne hat uns auch unterstützt. Das Problem hat damit angefangen, dass die Stadt bei der Projektausschreibung nicht explizit darauf hingewiesen hat, dass es auf dem Stadtplatz einen Baum gibt, der schützenswert ist. Darum ist die Linienführung der Limmattalbahn zu nahe an die Buche herangeraten, so dass sie nun weg muss. Jetzt kann man nichts mehr machen, weil die Planung bereits sehr weit fortgeschritten ist. Änderungen am Projekt, etwa eine Höherlegung der Geleise, damit man den Wurzelbereich des Baums nicht kaputt geht, sowie Anpassungen an der Umgebung, die sich daraus ergeben, sind im Nachhinein fast unmöglich und auch sehr kostspielig. Zudem ist das Projekt, wie es jetzt vorliegt, von den Stimmbürgern der Stadt Schlieren abgesegnet worden. So sind wir in Gesprächen mit Vertretern der Stadt und der Limmattalbahn leider zum Schluss gekommen, dass die Buche nicht mehr zu retten ist.
Schlieremer: Wieso ist die Buche auf dem Stadtplatz schützenswert?
A. Porchet: Sie ist ein Wahrzeichen von Schlieren mitten im Zentrum der Stadt. Jeder sieht sie, der dort durchgeht oder durchfährt. Die Stadt hat den Baum in ihren Natur- und Landschaftsschutzinventar aufgenommen. Dort steht unter der Rubrik „gestalterische und funktionale Werte“, der Baum sei ortsbildprägend, präge denn Strassenraum, sei ein Schattenspender, habe historischen und kulturellen Wert, sei ein wichtiger Parkbaum. Viel besser kann man das nicht zusammenfassen. Die Buche ist ein Monument; es dauert hundert Jahre, bis ein Baum wieder so gross wie sie ist.
Schlieremer: Was war ihr Vorschlag?
A. Porchet: Wir haben überlegt, ob man die Buche versetzen kann. Gekostet hätte dies, das haben Abklärungen ergeben, zwischen 100‘000 und 150‘000 Franken. Das Problem ist, das die Buche ein Baum ist, der schwierig zu zügeln ist. Die Überlebenschancen bei einer Verpflanzung wären gemäss einem Experten weniger als fünfzig Prozent gewesen, obwohl der Baum völlig gesund ist. Dieses Risiko wollten wir nicht eingehen. Wir, meine Familie und die Firma J.F. Jost, wären bereit gewesen, sehr viel zu investieren, wenn man die Buche hätte erhalten können.
Schlieremer: Was haben Sie alles gemacht, um ihrem Vorschlag zum Durchbruch zu verhelfen?
A.Porchet: Wir haben immer wieder Kontakt gesucht zu den zuständigen Behörden. Das war nicht immer einfach. Lange Zeit haben wir keinen guten Willen gespürt von Seiten der Behörden. Plötzlich ging dann ein Knopf auf und wir haben es geschafft, die entscheidenden Leute an einen Tisch zu bringen. Wir haben einen Landschaftsgärtner aufgeboten und Untersuchungen zum Zustand der Buche und zu den Verpflanzungsmöglichkeiten machen lassen. Schliesslich kam es zu drei Sitzungen mit Vertretern der Stadt und der Limmattalbahn. Nach diesen Sitzungen mussten wir sagen: wir können die Buche nicht retten. Immerhin haben wir von der Stadt das Versprechen erhalten, dass in Zukunft der Finger auf die Erhaltung der im Natur- und Landschaftsschutzinventar enthaltenen schützenswerten Bäumen gelegt wird. Das führt mich schon zu meinem nächsten Projekt, dem Umbau der katholischen Kirche. Dort gibt es eine traumhaft schöne Ahornbaumgruppe, die unter Schutz gestellt ist. Gemäss Projektausschreibung der katholischen Kirche müssten die Bäume aber weg. Ich habe darum den Baurechtsentscheid verlangt und möchte mich in die Planung einschalten. Ich bin ich sehr gespannt, ob man die Behörden beim Wort nehmen kann.
Schlieremer: Was motiviert sie, sich für den Schutz von Bäumen einzusetzen?
A. Porchet: Wenn sie unsere Liegenschaften kennen, dann wissen sie, dass unsere Anlagen immer parkähnlichen Charakter mit viel Grün haben. Wir legen Wert auf ausgleichende Flächen und Elemente zu den Gebäuden. Leider gehen diese immer mehr verloren, obwohl sie wichtig sind für Menschen und Tiere. Wenn die Bäume am richtigen Ort stehen und historisch gewachsen sind, sollte man sie stehen lassen.
Schlieremer: Es wissen die wenigsten Schlieremer, dass sie sich eingesetzt haben für die Rettung der Buche auf dem Stadtplatz. Warum sind sie nicht an die Öffentlichkeit gegangen mit ihrem Vorhaben?
A.Prochet: Es hat sich so ergeben. Am Schluss ging alles relativ schnell. Wir hatten die Sitzungen mit den Vertretern der Stadt und der Limmattalbahn und wollten uns auf diese konzentrieren. Wenn ich nochmals von vorne beginnen könnte, würde ich die Öffentlichkeit früher informieren.
Schlieremer: Wie viel Zeit und Geld haben Sie aufgewendet für die Rettung der Buche auf dem Stadtplatz?
Wir hatten sehr viele Gespräche mit den verschiedensten Leuten, was sehr zeitintensiv war. Wir haben aber auch viel Zeit verloren, weil wir an die falschen Leute verwiesen wurden. Was das Geld betrifft, so haben wir eine Expertise machen lassen zum Gesundheitszustand der Buche und zu deren Verpflanzungsmöglichkeiten.
Schlieremer: Was bleibt für ein Gefühl, nachdem der Kampf für die Buche auf dem Stadtplatz verloren ist?
A.Porchet: Man fühlt sich traurig. Für mich ist es schlimm, dass der Baum weg muss. Etwas Positives gibt es trotzdem noch. Wir haben mit der Stadt abgemacht, dass man Stecklinge von der Buche nimmt und in einer Baumschule grosszieht und dann irgendwo in Schlieren – etwa im Stadtpark – symbolisch als Ersatz pflanzt. Das finde ich eine schönen Idee.
Interview: Martin Gollmer