Schlierens Trinkwasser ist sauber

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Die Stadt verfügt über eine ausgeklügelte Wasserversorgung, damit jederzeit in den Haushalten, im Gewerbe und in der Industrie Wasser fliesst. Dessen Qualität wird laufend überprüft – ohne dass bisher Verschmutzungen gefunden wurden. Der «Schlieremer» konnte einen Blick hinter die Kulissen werfen.

 

Diesen Sommer ging in der Schweiz eine Gewissheit verloren: nämlich dass Wasser überall sauber und bedenkenlos trinkbar sei. In den Medien machten Berichte die Runde, wonach gemäss einer Untersuchung des Bundes zur Qualität des Grundwassers in der Schweiz chemische Stoffe aus der Landwirtschaft das Wasser vor allem im Mittelland «verbreitet und nachhaltig» schädigen würden. Wo genau das Grundwasser beeinträchtigt sei, wollte der Bund nicht sagen.

 

Das machten kurze Zeit später die Kantonschemiker. Sie nahmen landesweit insgesamt 296 Trinkwasserproben (Trinkwasser stammt in der Schweiz zu 80 Prozent aus dem Grundwasser) und stellten fest: Mehr als die Hälfte der Proben wiesen Rückstände von Pestiziden oder deren Abbauprodukten auf. Zwölf Proben überschritten gar den gesetzlichen Grenzwert. Im Kanton Zürich konnten bei 49 der total 92 untersuchten Messstellen Abbaustoffe von Chlorothalonil nachgewiesen werden. In 29 Fällen wurde der Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter übertroffen – schwergewichtig im landwirtschaftlich geprägten Weinland. Das Pestizid Chlorothalonil wird auf Schweizer Äckern seit den 70er-Jahren grossflächig gegen Pilzbefall eingesetzt. Zurzeit laufen Bestrebungen, es zu verbieten.

 

«Das hat in der Bevölkerung schon ein mulmiges Gefühl hinterlassen», sagt Carlos Pighin, Bereichsleiter Gas- und Wasserversorgung und Brunnenmeister der Stadt Schlieren. Die Behörden veröffentlichten deshalb zur Aufklärung und Beruhigung der Einwohner Schlierens eine Medienmitteilung, wonach das Wasser in der Stadt sauber sei. Bei der Quellfassung mittlere Risi und bei der Grundwasserfassung Betschenrohr seien Proben entnommen und die Wasserwerte geprüft worden. «Beide Proben zeigten Messwerte, welche deutlich unter dem Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter liegen», heisst es in der Medienmitteilung.

 

Alle Proben auf Schadstoffrückstände negativ

Stichprobenmässig geprüft wurde auch das Trinkwasser – und zwar am Laufbrunnen in der Feldstrasse. Das Resultat laut Medienmitteilung: «Weder bei dieser Stichprobe noch bei früheren periodischen Überprüfungen des kantonalen Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft oder bei der laufenden Trinkwasserkontrolle der Wasserversorgung wurden in Schlieren erhöhte Rückstandswerte im Trinkwasser festgestellt.»

 

Gemäss Pighin wird in Schlieren das Trinkwasser regelmässig kontrolliert – einmal im Monat mikrobiologisch, alle zwei Monate chemisch. Pro Jahr ergibt das 108 mikrobiologische und 54 chemische Proben im Schlieremer Netz. Dazu kommen noch 25 mikrobiologische und 17 chemische Proben bei den Grundwasser-Pumpwerken und Reservoiren. «Wir konnten dabei eine sehr, sehr gute Wasserqualität feststellen», sagt Pighin. «Wir erfüllen die gesetzlichen Bestimmungen zu jeder Tages- und Nachtzeit, 365 Tage in Jahr.»

 

Sollte es einmal zu einer Verschmutzung kommen, ist Schlieren mittlerweile gerüstet. Ein «Konzept Trinkwasserversorgung in Notlagen» wurde ausgearbeitet und muss nun nur noch vom Kanton gutgeheissen werden. Dieses Konzept hält minutiös fest, was in einem solchen Fall zu tun ist und wer, wann und wie informiert werden muss. Zur Anwendung käme dieses Konzept auch, wenn in Schlieren einmal für längere Zeit der Strom ausfallen sollte oder die Trinkwasserversorgung durch ein Erdbeben gestört würde.

 

Überwachung rund um die Uhr

Damit die Wasserversorgung immer einwandfrei funktioniert, wird sie ständig überwacht. Dazu ist im Werkhof ein Prozessleitsystem vorhanden. Auf Bildschirmen kann in Echtzeit verfolgt werden, welche Leistung die Pumpen erbringen sowie wie hoch Grundwasserspiegel, Reservoirstände, Netzdruck und Wassertemperatur sind. Kommt es zu Störungen, können auch diese genau lokalisiert werden.

 

Die Wasserversorgung wird aber nicht nur virtuell überwacht. Wöchentlich, monatlich, quartalsweise und jährlich finden Kontrollgänge durch Mitarbeiter von Pighins Team statt, bei denen das einwandfreie Funktionieren der Anlagen vor Ort überprüft wird. Gibt es einmal eine Störung – etwa einen Rohrleitungsbruch –, rücken Pighins Leute aus. Jedes der sechs Teammitglieder schiebt im Turnus eine Woche lang Pikettdienst, damit selbst nachts oder an Wochenenden Störungen rasch behoben werden können.

 

Schlierens Wasserversorgung besteht dieses Jahr seit 125 Jahren. 1894 wurde das erste Reservoir fertig gestellt, das im Lölimoos das Quellwasser sammelte. Das Reservoir ist noch heute in Betrieb. Zuvor wurde die Trink- und Brauchwasserversorgung mittels Brunnen besorgt. Aus dem Jahr 1726 ist bekannt, dass Holzrohre – sogenannte Tüchel – Wasser zum Brunnen bei der Zehntenscheune und zum Pfarrhaus leiteten.

 

Wasserleitungsnetz von 94 Kilometer Länge

Heute verfügt Schlieren über vier Grundwasser-Pumpwerke (Betschenrohr 1 bis 3 und Steinacker). Dazu kommen sieben Quellwasserfassungen (Altholz, Büelhof Risi, Dunkelhölzli, Länzel, Lehmgrube, Lölimoos und Rütirain), die alle im Gebiet des Schlieremer Bergs liegen. Das Einzugsgebiet des Quellwassers reicht dabei bis zum Sihlsee. Das Wasser in Schlieren ist zu 95 Prozent Grundwasser und zu 5 Prozent Quellwasser. Grundwasser wird vor dem Verbrauch nicht behandelt, Quellwasser wird UV-bestrahlt. Zwischengespeichert wird das geförderte und gesammelte Wasser in vier Reservoirs (Bröggen, Lölimoos, Sterpel und Weid; letzteres wird mit Unterengstringen geteilt).

 

Das Wasser wird über ein Leitungsnetz von insgesamt 94 Kilometer an die Haushalte, das Gewerbe und die Industrie verteilt. Das Versorgungsnetz ist dabei 72 Kilometer lang, die Hausanschlussleitungen messen 22 Kilometer. 600 Überflur- und 53 Unterflurhydranten sorgen dafür, dass die Feuerwehr im Brandfall jederzeit schnell über genügend Wasser zum Löschen verfügt. Weiter stehen auf Schlieremer Stadtgebiet 54 öffentliche und private Brunnen, deren Wasser ausnahmslos trinkbar ist.

 

Zu normalen Zeiten werden in Schlieren 4 bis 4,5 Millionen Liter Wasser pro Tag verbraucht, bei sehr heissem Wetter täglich 6,5 Millionen Liter. 53 Prozent des Wassers verbrauchen die Haushalte und das Gewerbe, 26 Prozent die Industrie und andere Grossbezüger, 9 Prozent des Wassers wird für öffentliche Zwecke eingesetzt (Bauwasser, Brunnen) und 12 Prozent geht nach Unterengstringen. Pro Einwohner beträgt der Wasserverbrauch 315 Liter pro Tag. Das sind etwa zwei Badewannen voll.

 

Nie ein Problem mit Trinkwasserknappheit

Der Wasserverbrauch in Schlieren sei in den vergangenen Jahren mehr oder weniger unverändert geblieben, weiss Pighin. Während der Verbrauch in der Industrie zurückgegangen sei, habe der Verbrauch der Haushalte wegen der steigenden Einwohnerzahl zugenommen. Der Schlieremer Wasserbedarf kann gemäss Pighin vollständig aus eigenen Quellen gedeckt werden. «Wir hatten nie ein Problem mit Trinkwasserknappheit, auch nicht während des Hitzesommers 2018.» Damit das auch auf sehr lange Frist so bleibt, wird von den Wasserversorgungen im Limmattal zurzeit eine Trinkwasserstrategie bis 2070 ausgearbeitet.

 

Im Coop kostet ein Pack Mineralwasser ohne Kohlensäure der Billiglinie «Prix Garantie» mit sechs Flaschen à 1,5 Liter 1.45 Franken. Hahnenwasser ist im Vergleich dazu sehr, sehr viel günstiger. In Schlieren kosten 1000 Liter Wasser zurzeit 44 Rappen (ab 1. Januar des nächsten Jahres 50 Rappen). Dazu kommt pro Haus noch eine Grundgebühr für den Wasserzähler von 35.50 Franken pro m3/Std. (ab 1. Januar des nächsten Jahres 40 Franken). Für Abwasser muss pro 1000 Liter eine Gebühr von 1.30 Franken bezahlt werden.

 

Was die Zukunft betrifft, so wird zurzeit ein neues Grundwasser-Pumpwerk geplant. Es soll spätestens in fünf Jahren fertig gestellt sein, ins Zelgli zu stehen kommen und die am Ende ihrer Lebensdauer angelangten Pumpwerke im Betschenrohr ersetzen. So wird im Betschenrohr gleichzeitig der Platz für die geplante Renaturierung der Limmat frei. Zudem braucht Schlieren gemäss Pighin in den nächsten zehn Jahren noch ein neues Reservoir, weil das aus dem Jahr 1894 stammende Reservoir im Lölimoos nicht mehr saniert werden kann. Jedes Jahr werden überdies 1 bis 1,5 Prozent des Leitungsnetzes ersetzt. Dazu kommen noch Leitungsneubauten wie zurzeit etwa in der entstehenden Stadtsiedlung Reitmen. Pighin und seinen Mitarbeitern von der städtischen Gas- und Wasserversorgung wird also die Arbeit nicht so schnell ausgehen.

 

Text und Fotos: Martin Gollmer

 

 

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