Kürzlich debattierte das Schlieremer Stadtparlament darüber, ob sich die Stadt dem benachbarten Zürich anschliessen soll. Da war viel von Identität die Rede, welche Schlieren dadurch verlieren würde.
Was bei dieser Diskussion etwas vergessen ging, ist die Tatsache, dass die Identität keine stehende Grösse ist. Sie wandelt sich. Durch Ereignisse, durch Entwicklungen, Krisen, Erfolge und Verbindungen. Keine Identität gibt es gar nicht.
Schwamendingen zum Beispiel, welches sich 1934 der Stadt Zürich anschliessen musste, hat immer noch seine Identität, wenn auch eine andere als früher. Aber auch Schlieren hat eine andere Identität als vor 80 Jahren. Damals war es noch ein Dorf im Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Industrie. Und heute?
Alt-Schlieremer nennen Schlieren immer noch ihr «Dorf». Deshalb wollten sie auch kein Tram. Wir Neuzuzüger konnten darüber nur den Kopf schütteln und hoffen jetzt, dass mit dem Tram endlich die Chance besteht, dass Schlieren ein Zentrum bekommt. Denn momentan unterscheidet sich Schlieren nicht gross von anderen Agglomerationsgemeinden. Die Identität hat es ziemlich schwer, sich hier finden zu lassen.
Gleichwohl kommt mir zur Identität Schlieren Einiges in den Sinn. Zum Beispiel die Tatsache, wie es den Turn-Around von der niedergegangenen Industriestadt zur Zukunftsstadt geschafft hat. Leider ist dies einfach noch viel zu wenig bekannt bei den alten Dörflern, die immer noch einem längst verschwundenen Schlieren nachtrauern.
In Schlieren siedeln sich heute nicht nur viele junge Familien an, die sich eine gute Zukunft versprechen. In Schlieren finden sich auch viele junge Firmen, besonders im Wagi-Areal und an der Rütistrasse. Sie entwickeln neue Technologien, welche dereinst unser Leben verändern und verlängern können.
Zur Identität der Stadt zähle ich also ihren kontruktiven Umgang mit Krisen und Veränderungen. Es brauchte weise Verantwortliche und eine kluge Strategie, dass aus dem Schutt einer brachliegenden Industrie und auf den Arealen von
Autohändlern Zukunft und Hoffnung entstanden sind. Nach Schlieren kommt man heute, um die Zukunft anzupacken.
Wer die Zukunft im Blick hat, braucht den Verlust an Identität nicht zu fürchten
Nikolaus Wyss